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Baerbock: EU reicht bald „von Lissabon bis Luhansk“

Beim EU-Außenministertreffen in Kiew bekräftigt Außenministerin Baerbock ihre Forderung nach einem „Winterschutzschirm“ für die Ukraine. Sie äußert sich zudem zu einem möglichen EU-Beitritt des Landes.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat zum Auftakt des EU-Außenministertreffens in Kiew ihre Forderung nach einem „Winterschutzschirm“ für die Ukraine bekräftigt. Dazu gehöre der Ausbau der Luftverteidigung, die Lieferung von Strom-Generatoren und die Stärkung der Energieversorgung insgesamt. Es gebe allerdings „nicht mehr so viele Systeme, die wir noch liefern können“, betonte Baerbock. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht aus Kiew wie aus Koalitionsreihen unter Druck, Taurus-Marschflugkörper für die Ukraine freizugeben.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sprach im Onlinedienst X (vormals Twitter) von einem „historischen Treffen“, bei dem es darum gehe, „unsere Solidarität und unsere Unterstützung für das ukrainische Volk auszudrücken“. Es sei die erste Zusammenkunft aller 27 Außenminister außerhalb der EU, verdeutlichte Borrell die Bedeutung des Treffens. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sprach bei einem gemeinsamen Pressestatement mit Borrell ebenfalls von einem „historischen Ereignis“. Es handele sich um das erste Treffen des Auswärtigen Rats außerhalb der EU und um ein Treffen „innerhalb der künftigen Grenzen der Europäischen Union“´, sagte Kuleba.

Baerbock: Ukraine hat „in beeindruckender Art und Weise“ Reformen angestoßen

Als ein Thema für das EU-Treffen hatte Borrell im Vorfeld seinen Vorschlag genannt, der Ukraine längerfristige Finanzierungszusagen für Militärhilfen zu machen und mit EU-Geld auch die Lieferung moderner Kampfjets und Raketen zu unterstützen. So will er von 2024 bis Ende 2027 jährlich fünf Milliarden Euro mobilisieren. Eine Entscheidung sei in Kiew aber nicht zu erwarten. Es gehe bei solchen informellen Ministertreffen um politische Diskussionen. Die Unterstützung der Europäer ist auch wichtig in einer Phase, wo die Finanzierung der US-Hilfen wegen eines Haushaltsstreits in Washington in der Schwebe ist.

Baerbock äußerte sich überdies zuversichtlich über einen raschen EU-Beitritt der Ukraine und die Rückeroberung wichtiger Gebiete von Russland. „Die Zukunft der Ukraine liegt in der Europäischen Union, in unserer Gemeinschaft der Freiheit“, sagte Baerbock in Kiew. „Und die wird sich bald erstrecken von Lissabon bis Luhansk“, fügte sie hinzu. Luhansk gehört zu vier ukrainischen Regionen, die Russland vor gut einem Jahr für annektiert erklärt hat. Erst am Freitag feierten zahlreiche Menschen auf dem Roten Platz in Moskau den Anschluss der Gebiete. „Mit jedem Dorf und jedem Meter, den die Ukraine befreie“, ebne sie ihren Weg in die EU, sagte Baerbock.

Die EU hatte die Ukraine im Juni 2022 offiziell zum Beitrittskandidaten erklärt. Seitdem habe das Land „in beeindruckender Art und Weise“ Reformen angestoßen, sagte Baerbock. Dies gelte bei Justiz und Medien, aber auch für das „dicke Brett der Korruption“. Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna sagte dazu in Kiew, die Ukraine gehöre „zur europäischen Familie“. Russland dürfe nicht auf Ermattung der Europäer setzen.

Wie üblich während des russischen Angriffskriegs wurde die Reise aus Sicherheitsgründen nicht vorher angekündigt. Seit Russland im Februar 2022 in das Nachbarland einmarschiert ist, ist noch nie eine so große Gruppe ranghoher ausländischer Politikerinnen und Politiker nach Kiew gekommen. Für Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist es der zweite Besuch in der Ukraine binnen weniger Wochen.

Baerbock war zuletzt am 11. September in der Ukraine gewesen. Während aus den meisten EU-Ländern der Minister oder die Ministerin nach Kiew reiste, war aus dem wichtigen Nachbarland Polen ein Vizeaußenminister angekündigt. Das enge Verhältnis ist derzeit belastet wegen eines polnischen Importstopps für ukrainisches Getreide. Auch aus dem russlandfreundlichen Ungarn wurde nur ein ranghoher Diplomat erwartet.

Quelle : faz

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