Home » Dammbruch in Polen
Europa Nachrichten NATO Politik Ukraine

Dammbruch in Polen

Es ist atemberaubend, wie die PiS-Regierung die Ukraine zum Spielball wahltaktischer Manöver macht. Sie offenbart ein engstirniges Verständnis polnischer Interessen und entwertet ihre bisherige Haltung zum Krieg.

Es liegt auf der Hand, dass die Verhärtung der Ukrainepolitik in Polen etwas mit dem Wahlkampf zu tun hat. Die regierende PiS sieht sich von einer noch weiter rechts stehenden Partei unter Druck gesetzt, deshalb reichen ihr die üblichen antideutschen Töne nicht mehr, und sie nimmt jetzt Kiew ins Visier. Schon das Importverbot für Getreide war ein Schlag für die Ukraine, die bekanntlich unter der russischen Blockade im Schwarzen Meer leidet.

Dass Ministerpräsident Morawiecki nun aber auch noch ein Ende der Waffenlieferungen verkündet, ist selbst für die Verhältnisse seiner nationalistischen Partei ein Dammbruch: Polen, das sich gerade gegenüber Deutschland stets als erster und treuester Verbündeter der Ukraine inszeniert hat, will nun allen Ernstes die militärische Unterstützung für das überfallene Nachbarland auslaufen lassen?

Was gilt nach dem Wahltag?

Man wird sehen, ob das alles nach dem Wahltag am 15. Oktober so noch gilt und ob die PiS sich überhaupt an der Regierung halten kann. Die Hemmungslosigkeit, mit der sie die seit Jahrzehnten wichtigste strategische Frage Europas zum Spielball wahltaktischer Manöver macht, ist aber schon atemberaubend. Morawiecki begründet die Kehrtwende damit, dass Polen nun Waffen für sich selbst kaufe.

Wenn das wirklich das Kalkül sein sollte, dann offenbart die Warschauer Regierung wieder ein enges, um nicht zu sagen engstirniges Verständnis polnischer Interessen. Sie entwertet, was sie über die Solidarität mit der Ukraine gesagt hat und die Notwendigkeit, das Land zu verteidigen, um Putin zu stoppen.

Es ist berechtigt, dass der deutsche Verteidigungsminister über diese Sache mit seinem polnischen Amtskollegen reden will. Zu oft macht man in Berlin gute Miene zum bösen Spiel in Warschau, zu dem seit Kurzem (ähnlich entlarvend) auch ein Skandal um die offenbar illegale Vergabe von Visa in Afrika und Asien gehört. Polen ist ein schwieriger Partner in EU und NATO. Wenn das Land nun auch unzuverlässig wird, dann kommt noch mehr Verantwortung auf Berlin zu.

Quelle : faz

Translate