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Gemeinsam Gegen Den Westen

Beim Besuch des russischen Verteidigungsministers in Teheran versichern beide Seiten, ihre militärische Zusammenarbeit ausbauen zu wollen. Im kommenden Februar soll ein gemeinsames Manöver stattfinden.

Während der iranische Präsident Ebrahim Raisi in dieser Woche in New York neuerlich bestritt, dass sein Land Russland seit dem Überfall auf die Ukraine mit Waffen beliefert hat, hofierte das iranische Militär den russischen Verteidigungsminister Sergej Schojgu in Teheran. Schojgu besuchte ein Ausstellungsgelände, auf dem die Revolutionsgarden die „Errungenschaften“ ihrer Rüstungsin­dustrie präsentierten. Die Staatsmedien zeigten den Minister vor einem neuen Startsystem für Kamikaze-Drohnen des Typs Schahed-136. Russland setzt diese Drohnen nach amerikanischen und ukrainischen Angaben auf dem Schlachtfeld in der Ukraine zur Zerstörung wesentlicher Infrastruktur ein.

Vorgeführt wurden Schojgu zudem Raketen, Marschflugkörper und Luftabwehrsysteme. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, Schojgu habe sich mit den Waffensystemen „bekannt gemacht“; inwieweit er auch Interesse daran bekundet hat, wurde nicht berichtet. Schojgus Ministerium hob hervor, dass auch erbeutete amerikanische Drohnen ausgestellt worden seien und dass sich der Minister ins „Buch der Ehrengäste“ eingetragen habe.

Beide Seiten versicherten, ihre militärische Zusammenarbeit vertiefen zu wollen. Der Stabschef der iranischen Armee, Generalmajor Mohammad Hossein Ba­gheri, sagte am Dienstag, man arbeite an einem Abkommen über eine langfristige Zusammenarbeit. „Dieses Dokument hat starke militärische Dimensionen und kann als Plattform für die Entwicklung der langfristigen Zusammenarbeit beider Länder dienen.“ Die Beziehungen zu Moskau hätten schon jetzt eine „neue Dimension“ erreicht, sagte Bagheri, der wegen Unterstützung des russischen Angriffskriegs seit vergangenem Jahr auf der EU-Sanktionsliste steht. Die Militärs beider Länder gehörten zu den „Vorreitern“ einer Vertiefung der Beziehungen. Es gebe noch „ungenutzte Potentiale“.

Ba­gheri kündigte ein gemeinsames Manöver mit Russland im Februar nächsten Jahres an. Schojgu traf außerdem den Vorsitzenden des Obersten Nationalen Sicherheitsrats, Ali Akbar Ahmadian, sowie Verteidigungsminister Mohammed-Resa Aschtiani und den Chef der Luftwaffe der Revolutionsgarden, Amir Ali Hadschizadeh. „Die russisch-iranische Zu­sammenarbeit erreicht eine neue Ebene“, sagte der Gast im Gespräch mit seinem Amtskollegen. Das geschehe „trotz des Widerstands vonseiten der USA und ihrer westlichen Verbündeten“. Die westlichen Sanktionen seien aussichtslos, beteuerte Schojgu.

Lange Waffenwunschliste

Beide Länder hatten ihre militärische Zusammenarbeit schon im Zuge des Syrienkriegs ausgebaut. Bis zum russischen Überfall auf die Ukraine von Ende Februar 2022 war Iran dabei vor allem ein Abnehmer russischer Militärtechnik. Inzwischen ist es zu einem wichtigen Waffenlieferanten für Russland aufgestiegen. Das gilt vor allem für Drohnen. Auch soll Iran Russland nach amerikanischen Angaben dabei unterstützen, eigene Drohnen nach iranischem Vorbild zu bauen. Im August wurden auf dem Schlachtfeld in der Ukraine Drohnenwrackteile entdeckt, die den iranischen Schahed-136 ähnelten, aber Komponenten enthielten, die aus russischen Aufklärungsdrohnen bekannt sind.

Im Gegenzug hofft Teheran, Zugriff auf höher entwickelte russische Waffensysteme zu bekommen. Auf der Wunschliste stehen Kampfflugzeuge vom Typ Su-35, Kampfhubschrauber, Radarsysteme und das Luftabwehrsystem S-400, die Iran im Rüstungswettlauf mit Saudi-Arabien und Israel Vorteile verschaffen könnten. Kürzlich berichteten iranische Staatsmedien, Russland habe Trainingskampfflugzeuge vom Typ Yak-130 geliefert. Verhandlungen über einen Kauf von Su-35 sind aber offenbar nicht vorangekommen, seit in Teheran im März kurzfristig über einen Abschluss berichtet wurde. Im Februar drohten die iranischen Revolutionsgarden Europa damit, Kurzstreckenraketen an Russland zu liefern, „wenn der Westen Iran weiter unter Druck setzt“. Hinweise auf entsprechende Lieferungen gibt es aber bisher nicht.

Russische Beobachter verwiesen früher auf Rivalitäten mit Iran in Syrien sowie auf Moskauer Rücksichtnahmen mit Blick auf Israel. Im großen Ukrainekrieg sind diese Bedenken offenbar in den Hintergrund getreten. Schojgus Reise in Iran war eine Reihe von Gesprächen und Treffen ranghoher Militärs vorausgegangen. Schon Ende Juni hatten Schojgu und Bagheri telefoniert und nach Moskauer Angaben eine „Vertiefung des Dialogs und der Entwicklung von Kontakten im Verteidigungsbereich bestätigt“.

Quelle : faz

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