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Zugverkehr Mit Meerblick

Die Schwarzmeer-Eisenbahn wurde noch im Russischen Reich erdacht und bereits unter der Sowjetmacht fertiggestellt. Ihre Streckenführung am Ufer entlang ist reizvoll, bringt aber auch Probleme mit sich.

Vielleicht hat die Geschichte des Massentourismus an der russischen Schwarzmeerküste ja an einem Samstag vor 110 Jahren begonnen. Man schrieb den 2. November 1913, als in St. Petersburg unter der Schirmherrschaft von Zar Nikolai II. eine Ausstellung namens „Russische Riviera“ eröffnet wurde. Binnen sechs Wochen zählte sie 90.000 Besucher. Von ihnen hatten die meisten wohl die „Riviera“ – sprich das Schwarzmeerufer an den westlichen Ausläufern des Kaukasus – noch nie mit eigenen Augen gesehen. Denn es war äußerst beschwerlich, dort überhaupt hinzukommen.

Baubeginn im Sommer 2014

Doch nun wurde dem verzückten Publikum in den Pavillons des Botanischen Gartens zwischen Palmen, Obstbäumen und Teesträuchern auch ein Modell der Schwarzmeer-Eisenbahn präsentiert, ergänzt um eine detaillierte Beschreibung der Pläne. Die waren zu diesem Zeitpunkt schon weit fortgeschritten. Der Bau begann im Juni 1914 kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Während gleichzeitig die Transsibirische Eisenbahn vor ihrer Fertigstellung stand, gingen die Arbeiten auch in den darauffolgenden Jahren weiter. Sie wurden aber durch Mate­rial- und Personalmangel sowie das unmittelbare Kriegsgeschehen erschwert.

Die Bahnlinie von Tuapse nach Sotschi ist nah am Wasser gebaut. Sie wurde auf dem schmalen Streifen Flachland zwischen Küste und Bergen verlegt, wie hier in Golowinka, einem Vorort von Sotschi. (Foto: Tino Künzel)

Die geplante Eröffnung im Jahr 1917 war nicht zu halten, erst zehn Jahre später rollten zwischen den Hafenstädten Tuapse und Sotschi die ersten Züge. Nikolai erlebte das ebenso wenig mit wie so mancher Besucher der „Riviera“-Ausstellung, der nach Oktoberrevolution und Bürgerkrieg ins Ausland emigriert war.

Drei Stunden Fahrzeit für 100 Kilometer

Der Beginn des Eisenbahnzeitalters in dieser Küstenregion schuf die Voraussetzungen für den Kur- und Badetourismus, der unter den neuen Landesherren starken Auftrieb erhielt. Speziell Sotschi wurde zum Inbegriff eines sowjetischen Traumurlaubs. Und auch heute kommen jedes Jahr Millionen Erholungssüchtige mit der Bahn an die hiesigen Kieselstrände.

Für die letzten 100 Kilometer von Tuapse nach Adler, den südlichsten Ortsteil von Sotschi, brauchen Fernzüge dabei drei Stunden. Denn die Strecke ist teils nach wie vor einspurig und führt direkt am Meer entlang. 2020 wurde eine neue Schienenführung durch die Berge angekündigt, mit der sich die Fahrzeit von Moskau einmal halbieren sollte. Doch seitdem ist es um das Projekt wieder ruhig geworden.

Quelle : Moskauer Deutsche Zeitung

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