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Mit Samthandschuhen Gegen Oligarchen?

Offiziell geht die britische Regierung gegen russische Oligarchen im Land vor. Doch immer wieder werden Lücken auf der Sanktionsliste bekannt. Woran liegt das?

Dass die Sanktionen der britischen Regierung gegen zahlreiche russische Oligarchen nicht so richtig wirken, vor allem aber dass sie nicht recht durchgesetzt werden, diesen Eindruck haben viele in Westminster. Zum Beispiel Iain Duncan Smith. Der konservative Abgeordnete wollte von der Regierung wissen, warum Wladimir Lisin nicht auf de Sanktionsliste steht. Der Stahlmagnat besitzt mit Aberuchill Castle ein großes Anwesen in Schottland.

Lisin werden enge Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt. Doch eine richtige Antwort bekam Duncan Smith von der Regierung nicht. Das Außenministerium prüfe laufend die Sanktionen, heißt es in dem Antwortschreiben, dass dem ARD-Studio London vorliegt. Einzelfälle könnten nicht diskutiert werden.

Duncan Smith kritisiert seit Monaten die Regierung. Er nennt die Sanktionsliste des Ministeriums “absurd”. Die Maßnahmen der US-Regierung seien deutlich umfassender.

Niederlage vor Gericht

Die britische Regierung verweist darauf, dass mehr als 1.600 Personen und Unternehmen mit Sanktionen belegt werden. Doch es gibt Lücken: In 82 Fällen hat die Regierung Oligarchen zugestanden, dass sie Geld für den Unterhalt ihrer Immobilien und für den Grundbedarf aus ihrem Vermögen nutzen dürfen.

Medienberichten zufolge durfte Michail Fridman monatlich rund 8.000 Euro abheben. Während des ersten Jahres des Krieges in der Ukraine durfte er auch einen Privatkoch, Handwerker für sein Anwesen und einen Fahrer bezahlen.

Doch nun erlitt der russische Milliardär einen Rückschlag vor Gericht. Ende Oktober entschied der Londoner High Court, dass der 59-Jährige nicht knapp 35.000 Euro pro Monat für sein Anwesen Athlone House im Londoner Norden aufwenden darf. Darauf hatte Fridman geklagt.

Vor der Urteilsverkündung hatte der Unternehmer London verlassen und war nach Russland geflogen. Die Entscheidung des Gerichts und seine Ausreise deuten darauf hin, dass er den Druck der britischen Regierung möglicherweise als zu groß empfunden haben mag. Was nun mit Athlone House passiert, ist unklar.

Schwierige Ermittlungen

Doch in vielen anderen Fällen ist es deutlich schwieriger, diesen Druck aufzubauen. Oligarchen mit engen Verbindungen zu Putin haben ihr Vermögen der geschiedenen Ehefrau, Kindern oder Unternehmen übertragen, die in Übersee registriert sind.

Eigentlich müssen diese Unternehmen mitteilen, wem sie gehören, wem der Besitz zuzuordnen ist, der auf sie registriert ist. Doch 70 Prozent des eingetragenen Vermögens könne eben nicht zugeordnet werden, hat gerade erst eine Studie der London School of Economics ergeben.

Lange Zeit sehr willkommen

Margaret Hodge, Labour-Abgeordnete, die sich seit Jahren mit dem Thema Geldwäsche und russische Oligarchen beschäftigt, sieht mehrere Gründe dafür, dass so viele extrem reiche Russen mit Verbindungen zu Russlands politischer Spitze in Großbritannien nach wie vor gut leben können oder erst relativ spät auf der Sanktionsliste landeten. “Das ist ein Mix aus Inkompetenz, fehlenden Ressourcen und Widerwillen, diese extrem wohlhabenden Personen anzugehen”, kritisiert die Abgeordnete.

Hodge verweist auf Spenden, die die Konservative Partei aus Russland erhalten hat. Dazu kommt eine besondere politische Praxis. Das Vereinigte Königreich hat über Jahre hinweg Investoren aus dem Ausland mit besonderen Konditionen angelockt.

Für Geldgeber aus dem Ausland gab es “goldene Visa”, wenn sie größere Summen ins Land gebracht haben. Und immer noch gibt es bei vielen Politikern das Gefühl, dass die Regierung Großbritannien und dem Finanzplatz London schaden könnte, wenn gegen einst willkommene Investoren nun Sanktionen verhängt werden.

Quelle : tagesschau.de

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